Hinweis: Alle Formulierungen sind geschlechtsneutral zu verstehen!
Dass auf unserem Planeten Leben existiert und wir in dieser Rallye demzufolge das Thema “Biodiversität” behandeln können, liegt an einer Reihe von Faktoren. Drei sollen hier genannt werden: Die Erde bietet Wasser, lebensverträgliche Temperaturen (auf unserem Nachbarplaneten Venus herrschen beispielsweise über 400 Grad Celsius! (4)) sowie eine sie umgebende Atmosphäre mit schützender Ozonschicht. Viele Theorien versuchen zu erklären, wie sich vor rund 3,8 Milliarden Jahren erste Lebensformen – einfache Bakterien – entwickeln konnten: Eine der am meisten beachteten stammt von den US-amerikanischen Studenten Stanley Miller und Harold Urey, die 1953 durch das Nachstellen einer “Ur-Atmosphäre” zeigen konnten, dass sich in einer solchen Umgebung Aminosäuren und somit die grundlegenden Bausteine aller Lebewesen bilden können (5). Wissenschaftler:innen vermuten, dass vor 3,8 Milliarden Jahren auf ähnlichem Wege erste organische Stoffe (und somit bald das, was wir “Leben” nennen) entstanden sind.
Heute gibt es auf unserem Planeten eine schier unglaubliche Vielfalt an Lebensformen, die sich in einem “Evolution” genannten Prozess aus der von Miller und Urey nachgestellten Ausgangssituation entwickelt haben. Leben findet sich an den unwahrscheinlichsten Orten – im Inneren des antarktischen Meereises, in den Wänden vulkanischer Schlote, in Schwefelquellen des Yellowstone-Nationalparks in den USA oder auch in Tiefengestein in über 3.000 Meter Tiefe (6). Das Leben auf der Erde ist dabei ungleich verteilt: An einigen Orten leben tausende Arten auf wenigen Quadratmetern zusammen, während andere Umgebungen nur vereinzelt als Lebensraum dienen. In Lebensräumen wie Wüsten oder Regionen mit viel Eis gibt es beispielsweise verhältnismäßig wenig Arten; die Biodiversität ist sehr gering. Auch im Laufe dieser Stadtrallye werdet ihr Orte mit höherer und niedrigerer Vielfalt entdecken: Der Schwarzbach, den ihr gleich überquert, und der Stadtwald sind zwei Beispiele für besonders artenreiche Biotope. Wie kommt diese ungleiche Biodiversitätsverteilung zustande?
Lebewesen benötigen eine Reihe an Voraussetzungen, um an einem bestimmten Ort leben zu können: Nährstoffe, Nahrungsquellen, passende klimatische Bedingungen oder auch einen ausreichend großen Bewegungsradius. Aufgrund ganzjährig hoher Temperaturen und starker Niederschläge sowie der großen Anzahl an Nischen (also Teillebensräumen mit ganz speziellen Eigenschaften) sind die Ökosysteme entlang des Äquators – zum Beispiel die tropischen Regenwälder – besonders artenreich. Von Fachleuten wird der Tropengürtel aufgrund dieser Tatsache auch als „Breitengradient des Artenreichtums“ bezeichnet. Schätzungen zufolge kommen in den Tropenwäldern zwei Drittel aller bekannten Tier- und Pflanzenarten vor, obwohl diese Wälder nur etwa zwölf Prozent der Landfläche einnehmen. Von den marinen Lebensräumen beherbergen die tropischen Korallenriffe die größte Artenvielfalt (7).
Eine im Jahr 2000 veröffentlichte Studie (8) legte ursprünglich 25 sogenannte “Biodiversitäts-Hotspots” und damit besonders artenreiche Orte auf der ganzen Welt fest. In einem solchen Hotspot müssen mindestens 1500 und somit 0,5 % aller Gefäßpflanzenarten (alle Pflanzen außer den Moosen) endemisch sein, also nur an diesem einen Ort vorkommen. Weiterhin ist ein Hotspot laut der Studie dadurch charakterisiert, dass er bereits 70 % seiner ursprünglichen Vegetation verloren hat: Er muss also bedroht sein. Diese Bereiche machen schlussendlich nur rund 1,4 % der Landoberfläche der Erde aus, beherbergen aber 44 % aller Pflanzenarten und 35 % der Wirbeltierarten (an Land). Mittlerweile haben weitere Studien ergeben, dass es weitere 11 Biodiversität-Hotspots gibt, insgesamt also 36 existieren (9,10).
Ein Gebiet ist generell artenreicher, je unterschiedlicher strukturiert (also vielfältiger) die Lebensräume sind und je mehr Kombinationen aus Umweltfaktoren wie Nahrung, Konkurrenten, Sonnenlicht, Temperatur und Nährstoffvorkommen entstehen. Viele weitere Theorien ergänzen Aspekte, die Biodiversitätsverteilungen auf der Erde sehr genau erklären können: Die “intermediate disturbance”-Theorie behauptet, dass in Lebensräumen mit einem gewissen Maß an “Störungen” (also auch menschlichen Eingriffen wie landwirtschaftlicher Bewirtschaftung oder Wandertourismus) mehr Vielfalt herrscht als in Lebensräumen mit entweder sehr geringem oder extrem hohem Ausmaß an disturbance (11). Die “Inseltheorie” von E.O. Wilson und Robert McArthur zeigt wiederum, wie die Biodiversität eines Lebensraums von seiner Größe sowie seiner Entfernung von vergleichbaren Lebensräumen abhängt (12).
Alle verwendeten Quellen haben wir in folgendem, jederzeit öffentlich einsehbaren Dokument zusammengefasst: YOUTOPIA-Stadtrallye Quellen